Freitag, 20. Mai 2016

[Spielbericht] #19/2016: Civilization - Das Brettspiel (inkl. beider Erweiterungen)


Nachdem wir letzte Woche mit TIME STORIES fertig waren, überlegten wir schon mal was wir am darauffolgenden Freitag auf den Tisch bringen würden. Nach einigen Vorschlägen einigten wir uns schließlich auf CIVILIZATION - DAS BRETTSPIEL da wir es in dieser Besetzung erst einmal gespielt hatten und die zweite Erweiterung WEISHEIT UND KRIEGSKUNST noch ungespielt im Regal lag...    

Spiel: Civilization - Das Brettspiel
Autoren: Kevin Wilson
Verlag: Heidelberger Spieleverlag
Jahr: 2011
Spieler: 2-4
Spieldauer: ca. 240 Minuten
Merkmale: Intrigen, Kampf, Macht
Mitspieler: Christopher, Gregor, Michael, Uli   



SPIELABLAUF

Wer bereits die eine oder andere Version dieses Spiels kennt wird wissen, dass es hier nicht um kooperative Ziele geht sondern um ein direktes Gegeneinander um den Sieg. Jeder Spieler wählt eines von vielen verschiedenen Völkern aus und versucht dieses zum Sieg zu führen. Einer der interessanten Aspekte des Spiels ist, dass der Sieg auf verschiedene Arten eingefahren werden kann - kulturell, technologisch, wirtschaftlich oder militärisch. Alle vier Wege können zum Ziel führen (zumindest nach den Erweiterungen, aber dazu mehr im Fazit).

Das klingt nach einem komplexen Strategiehammer mit irre komplizierten Regeln. Doch eigentlich sind diese gar nicht so schwer. Allein der Umfang kann jemanden am Anfang erschlagen. Vor allem mit beiden bisher erhältlichen Erweiterungen muss der Neuling zunächst eine recht lange Erklärung auf sich nehmen um mit dem Spiel starten zu können. Und die Regeln vor Spielbeginn verstanden zu haben macht hier durchaus Sinn. Dafür muss man jedoch unter Umständen (je nach Auffassungsgabe und Nachfragepotential der Mitspieler) schon mal 30-45 Minuten einplanen.

Phase 3 - Städteverwaltungsphase 

Dabei besteht eine Runde auch nur aus 5 Phasen. Anstatt nun aber numerisch vorzugehen, fange ich mal mit dem Herzstück (der Städteverwaltungsphase = Phase 3) an. Denn jeder Spieler startet zu Beginn mit einer Stadt (der Hauptstadt) und zwei Figuren (1 Pionier und 1 Armee) auf einem nur zum Teil aufgedeckten Spielplan. Mit jeder Stadt (man kann später bis zu 3 davon haben) führt der Regent 1 Aktion aus. Also gar nicht mal so viel. Und auch die möglichen Aktionen einer Stadt sind durchaus begrenzt.




Die Stadt ist ein quadratisches Plättchen welches auf einem gerastertem Spielplanteil liegt. Die 8 Felder um diese Stadt herum (Außenbezirke genannt) geben an welche Ressourcen dieser zur Verfügung stehen. Die umliegenden Landschaftsfelder können Rohstoffe, Handelspunkte, Gold, Kultur- oder Produktionssymbole liefern. Dies hängt nun davon ab welche der drei möglichen Aktion man wählt. Entweder man baut seine Stadt aus in dem man die Hammersymbole im Außenbezirk zählt und für deren Anzahl etwas baut. Das können neue Gebäude sein die dann um die Stadt herum gelegt werden und damit wieder neue bzw. eine andere Aufteilung an Symbolen hinein bringen. Oder man kauft sich damit neue Einheiten (Kampfkarten) oder stellt eine neue Figur auf (Pionier oder Armee).

Alternativ dazu kann er sich mit der Stadt auch den Künsten widmen. Dafür erhält er 1 Kulturpunkt plus einen weiteren für jedes Kultursymbol in den Außenbezirken. Diese wiederum benötigt man um auf der Kulturskala voranzuschreiten. Je nach Positionen muss man eine bestimmte Anzahl von Kultur- und evtl. auch Handelspunkten abgeben um hier in Richtung Sieg (1. Möglichkeit) zu ziehen. Bei jedem Schritt erhält man zusätzlich auch noch Kulturkarten (mit denen man fast immer etwas sinnvolles anfangen kann) oder erwirbt eine große Persönlichkeit die ebenfalls wieder neue Symbole mit sich bringt und die eigene Stadt nach Bedarf verstärken kann.

Die dritte und einfachste Aktion ist das Ernten eines Rohstoffs. Sollte sich ein solches Symbol in dem Außenbezirk der aktivierten Stadt befinden kann sich der Eigentümer genau 1 Plättchen Stoff, Eisen, Weihrauch oder Getreide nehmen. Mit deren Hilfe kann man oft mächtige Aktionen auslösen die u.a. auch auf den später noch zu erwähnenden Technologiekarten (Phase 5) zu finden sind.

Phase 4 - Bewegung/Kampf

Direkt danach geht es zur Phase 4 - der Bewegung. Hier darf jeder Spieler jede seiner Figuren auf dem Spielfeld so weit ziehen wie es sein Geschwindigkeitswert erlaubt. Dabei kann es zu Kämpfen aber auch zur Ent- bzw. Aufdeckung bisher unbekannter Spielplanteile kommen. Dies ist auch bitter nötig da man schnellstmöglich seine zweite Stadt bauen möchte um mehr Aktionen zu haben. Dazu muss aber erst einmal ein geeignetes Feld gefunden werden welches auch genügend Abstand von anderen Städten hat. Dabei sind auch oft Eingeborenen-Hütten und Barbarendörfer im Weg. Erstere können durch Betreten selbiger einfach eingenommen werden. Die Barbaren hingegen wehren sich und nur durch einen Kampf können diese erobert werden.


Genau so ein Kampf ist es der diese Phase schon mal etwas länger ausfallen lässt. Hier kommen die Einheitenkarten ins Spiel die man in der Städtephase für Hämmer bauen/kaufen kann. Diese Einheiten sind grundsätzlich in drei Arten aufgeteilt: Infanterie, Kavallerie und Artillerie. Später kommt auch noch die Luftwaffe dazu. Je nach Anzahl von teilnehmenden Figuren und anderen Modifikatoren zieht nun jeder Kontrahent aus seinen Karten eine bestimmte Anzahl. Diese Karten werden nun nacheinander auf den Tisch ausgespielt. Die Einheiten haben unterschiedliche Werte und steigen in diesen wenn man die militärischen Bereiche aufwertet (dazu später in Phase 5 mehr).

Meistens beginnt der Verteidiger und legt eine seiner Karten offen aus. Nun kann der Angreifer diese Karte direkt attackieren oder seine Einheit daneben legen. Sobald jemand eine Karte direkt an die eines Gegners anlegt kommt es zum Schlagabtausch. Dabei werden die Angriffswerte der Kämpfenden verglichen und beide fügen sich gleichzeitig Schaden zu. Wer davon mehr schluckt als er vertragen kann stirbt. Besonderheit hierbei ist ein Stein/Schere/Papier-Prinzip. Denn wenn man z.B. mit einer Artillerie-Einheit eine Infanterie angreift, hat die Artillerie das Recht zuerst seinen Schaden zuzufügen und nur wenn der Verteidiger überlebt kann dieser auch noch zurückschlagen. So hat jede Art einen solchen Bonus gegen eine der anderen beiden Typen und daher kann es sinnvoll sein zu beobachten welche Kategorien von Einheiten meine Mitspieler sammeln. Auch hierbei kann es zum Spielsieg kommen. Denn wenn ein Spieler in diesem Schritt die Hauptstadt eines Gegners angreift und besiegt hat er auf militärischem Weg gewonnen.

Phase 5 - Technologien entwickeln

Nach diesen beiden zeitintensivsten Phasen kommt dann die Technologie an die Reihe (Phase 5). Hier kann sich nun jeder Spieler eine Technologiekarte aus seinen Stapeln raussuchen und quasi erforschen bzw. entdecken. Dafür sind nun wieder die Handelssymbole wichtig. Die Technologien sind in 4 verschiedene Stapel/Epochen unterteilt. Je höher die Zahl desto mächtiger auch die Entdeckungen. Aber auch hier sind Bedingungen zu beachten. So kann man eine 2er-Technologie erst dann bauen wenn es zuvor zwei 1er gibt auf der sie platziert werden kann. Man muss also pyramidenförmig seinen Technologiebaum aufbauen. Für eine 3er-Karte muss man also vorher erst mindestens drei 1er und zwei 2er-Technologien erforscht haben usw.

Je höher das Level der Karte desto mehr Handelspunkte benötige ich auch um diese auszuspielen. Somit brauche ich auch erst mal mehr Städte (mit mehr Außenbezirken) und mehr Gebäude die evtl. Handelssymbole produzieren, denn anders als bei anderen Gütern kann man die Handelssymbole aller Städte zusammen zählen und verwenden. Doch um genau diese Gebäude in Phase 3 bauen zu können, benötige ich die Technologien die diese Gebäude erst mal erfinden/freischalten. Es ist also gut zu planen welche Erkundung ich in dieser Phase auswähle da ich nur eine pro Runde spielen darf. Doch neben dem Freischalten von Gebäuden bringen diese Technologien auch neue Regierungsformen, Aktionen oder die Verbesserungen von militärischen Typen mit sich. Letztendlich steckt auch hier eine Siegbedingung drin. Denn wer es als erstes schafft die einzige 5er-technologie im Spiel (Raumfahrt) zu entwickeln hat ebenfalls gewonnen.

Phase 1 - Rundenbeginn

Doch noch vor diesen entscheidenden bisher beschriebenen drei Phasen hat der Autor zwei eher unscheinbare Schritte gesetzt. In der ersten Phase einer Runde können die Spieler Aktionen ausführen die nur zu Beginn einer Runde möglich sind. Oder man wechselt die eigene Regierungsform auf eine andere die man in der Runde zuvor in Phase 5 freigeschaltet hat und einem Vorteile verspricht. Am wichtigsten ist es aber in dieser Phase neue Städte zu gründen. Hat man nämlich einen Pionier dort auf dem Spieplan stehen wo das Erreichten einer Stadt erlaubt ist, nimmt man diesen nun herunter und ersetzt ihn durch eine neues Stadtplättchen. Damit hat man nun in Phase 3 auch für diese eine Aktion und produziert mehr Symbole. Die dritte Stadt kann man allerdings erst platzieren wenn man eine bestimmte Technologie erforscht hat.



Phase 2 - Handel

In der darauf folgenden Handelsphase (Phase 2) wird eigentlich nur gezählt wieviele Handelssymbole man in den Außenbezirken seiner Städte hat und trägt diese auf seinem Zivilisationsrad ab. Damit steht auch fest ob und welche Technologien man sich in dieser Runde leisten kann. Denn immer wenn man eine neue Technologie entwickelt, muss man dafür eine Mindestanzahl an Handelspunkten besitzen und dann sämtliche abgeben (auch überschüssige). Nur der Besitz von Gold kann dies verhindern. Denn für jedes Gold in meinem Besitz kann ich je 1 Handelspunkt behalten. Und eben dieses Gold ebnet den Weg zur vierten Siegbedingung. Denn mit 15 Gold auf meinem Konto kann ich das Spiel auf wirtschaftlich gewinnen. Zudem kann in dieser Phase auch noch untereinander gehandelt werden.

Nach diesem Schema wird Runde für Runde gespielt bis jemand eines der 4 möglichen Ziele erreicht hat.


VERLAUF UNSERER PARTIE

Am Anfang steht die Wahl der Zivilisation. Da wir auch die beiden Erweiterungen dabei hatten konnten wir theoretisch aus einem großen Pool an Völkern wählen. Wir entschieden uns aber nur welche aus der 2. Erweiterung WEISHEIT UND KRIEGSKUNST auszulegen um diese auch mal kennenzulernen. Gregor zog die Engländer, Christopher die Zulu, Uli bekam Japan und ich Frankreich zugeteilt.

Zu Beginn breiten sich eigentlich immer alle schnell auf der Karte aus und versuchen Bauplätze für die zweite Stadt zu finden. Ich hatte dabei das Pech von ziemlich viel Wasser umgeben zu sein und musste einige Umwege gehen und hatte daher auch als Letzter meine zweite Stadt gebaut. Uli sammelte am Anfang viel Gold und Christopher und Gregor rüsteten ihre Armeen stark auf. Ich wollte eigentlich auch wirtschaftlich (Gold) bzw. kulturell zum Erfolg kommen, sah mich aber gezwungen in das Wettrüsten meines unmittelbaren Nachbars (Zulu) mit einzusteigen.

Auf der Kulturskala lag ich trotzdem fast die ganze Zeit vorne, bekam aber bei den Kulturkarten und Persönlichkeiten vor allem militärische Vorteile. Daher reifte immer mehr der Plan in mir meinen recht sorglosen Nachbarn Uli (Japan) zu überrumpeln. Ich entwickelte also vor allem Technologien die es mir erlaubten mich schneller zu bewegen und meine Truppenstärke aufzustocken. Als ich mich dann mit einer mickrigen Armee in Richtung Japan's Hauptstadt aufmachte, sah dies sicherlich alles andere als bedrohlich aus.

Doch mit einer Kulturkarte konnte ich auf einen Schlag zwei weitere meiner Figuren von irgendwo auf dem Spielplan dazu holen und dieser Überraschungsmoment reichte aus. Uli hatte kaum Einheitenkarten auf der Hand und unterlag daher denkbar knapp gegen meine 3-Mann-Armee. Ein Sieg in Kultur, Technologie oder Wirtschaft war zu diesem Zeitpunkt nicht annähernd in Sicht. Daher kam die Attacke nicht zu früh denn sonst hätte wohl entweder Engand oder die kriegerischen Zulu zugeschlagen.


 

FAZIT

 

Ich habe eigentlich nie viel am PC gespielt. Doch wenn es neben den genialen MYST noch andere Spiele gab die mich digital fesseln konnten dann waren es die AGE OF EMPIRES Serie oder CIVILIZATION. Also Spiele in denen man Völker mit unterschiedlichen Startvoraussetzungen aufbauen musste um mit den anderen in den Wettstreit zu treten. Und genau dieses Spielgefühl wird in diesem Brettspiel nahezu perfekt umgesetzt. Natürlich zu den üblichen Nachteilen, dass eine Menge an Regeln nötig sind um dies zu bewerkstelligen.

Doch vor allem zu Beginn des Spiels gehen die Runden noch zügig durch da ja auch jeder nur 1 Stadt befehligen muss. Doch mit zunehmender Rundenanzahl werden dieselbigen auch immer länger. Dies muss man mögen wenn man ein solches Spiel spielt. Mit 4 Leuten sind da 4-5 Stunden schon mal locker drin. Betroffen davon sind vor allem die Phasen 3 (Städteverwaltung) und 4 (Bewegung/Kämpfe). Aber eigentlich kann man die Wartezeit auf seinen nächsten Zug ganz gut damit verbringen sich Gedanken darüber zu machen welche Technologien man als nächstes entwickeln möchte. Trotztdem sollte bei notorischen Grüblern über ein Zeitlimit (pro Stadt) nachgedacht werden wenn es zu lange dauert.

Auch nicht gerade leicht von der Hand gehen die Kämpfe. Hier braucht auch erst einmal jeder Neuling 2-3 Konflikte um sich an das ungewöhnliche aber durchaus reizvolle System zu gewöhnen. Hier liegt aber auch ein ganz großer Kritikpunkt des Grundspiels. Denn beim Ziehen der Einheitenkarten spielt das Glück eine nicht unwichtige Rolle. Die Karten gibt es nämlich in 3 verschiedenen Stärken (1-3). Wenn man aber nur 1er zieht während der Gegenüber vorwiegend 3er auf der Hand hat kann der Frust schon mal groß werden. Diesem Problem nahm man sich in der zweiten Erweiterung WEISHEIT UND KRIEGSKUNST an und lieferte neue Karten mit. Hier bekamen die Einheiten noch einen zusätzlichen Wert für Lebenspunkte. Besonders angriffsstarke Einheiten sind nun dafür defensivschwach und anders herum.

Zweiter großer Schwachpunkt war in der Ursprungsversion die unterschiedliche Attraktivität der Siegbedingungen. Fast jedes Spiel wurde früher wirtschaftlich oder militärisch gewonnen. Es gab sogar Wege innerhalb von 9 Runden die 15 Gold zusammen zu bekommen und nur wenn diese Spieler in jeglicher Form angegangen wurden konnten diese aufgehalten werden. Aber fast noch populärer war die militärische Beendigung des Spiels. Dem wurde vorwiegend in der 1. Erweiterung Rechnung getragen in der vor allem der kulturelle Zweig extrem gestärkt wurde, die dadurch plötzlich zu einer der häufigsten Winner-Optionen avancierte.

Letztendlich haben diese beiden Zusätze also einiges an Unzulänglichkeiten ausgebügelt und bringen dem Spiel viele weitere Module (und damit auch Regeln) mit die man je nach Bedarf und Wunsch hinzufügen oder einfach weglassen kann. So kann man sich das Spiel quasi wie an einem Buffet zusammenstellen und sich das Menu anschließend schmecken lassen. Auch die vielen hinzugekommenen Völker sorgen für ordentlich Abwechslung. Was noch bleibt sind die Diskussionen über zu mächtige Nationen wie z.B. den Arabern und Griechen die teilweise sogar nur noch in angepasster (=abgeschwächter) Form gespielt werden um das Gleichgewicht zu wahren. Denn bei einer solchen Spieldauer wäre es ärgerlich wenn man quasi von vorneherein auf verlorenem Posten stehen würde.


Für mich ein Spiel wie ich es mag und daher wie folgt bewerte:


2 - Klasse Spiel, muss ich haben!



Mögen die Würfel/Karten mit Euch sein!