Donnerstag, 7. Mai 2015

Piraaaaten!

Spiel: Korsaren der Karibik
Autor: Kasper Aagaard, Christian Marcussen
Verlag: Pegasus
Jahr: 2011
Spieler: 2-4
Spieldauer: 2-3 Stunden
Merkmale: Handeln, Kämpfen, Missionen, Würfeln
Mitspieler: Christopher, Gregor, Michael   


Da unsere Herr der Ringe-Gruppe wieder nicht vollzählig war, durfte Gregor wieder mit ein Wunschspiel benennen. Er suchte sich ein Spiel aus, das uns allen sehr gut gefällt und so gut wie kaum ein anderes das Thema Piraten und Co. simuliert.Vor allem weil man hier sowohl als skrupelloser Pirat seinen Weg machen kann, als auch als ehrbarer Händler. Vielleicht dies sogar noch besser ...

WORUM GEHT ES?

Grundsätzlich versuchen wir auf einem Karibikspielplan mit unseren Miniaturschiffen möglichst viel Ruhm (wohlgemerkt mit "h") zu ernten. Dies kann man auf verschiedene Arten tun. Entweder als furchtloser Pirat, der andere Mitstreiter und Handelsschiffe überfällt, oder man versucht eben sein Glück beim Handeln mit Waren. Auch eine Mischform der beiden Strategien wäre denkbar.

Dabei kann man seine Gesinnung im Spiel durchaus auch ändern, doch wenn man sich erst einmal der Piraterie schuldig gemacht hat, ist ein Weg zurück durch Begnadigung nur schwer möglich. So stellt sich eigentlich nur die Frage ob und wann man den Pfad der Tugend verlässt. Eine Entscheidungshilfe dabei könnte der Kapitän sein den man zu Beginn des Spiels zufällig zieht. Diese haben immer eine Sonderfähigkeit und vier Grundwerte die darüber Auskunft geben, ob dieser eher zum Handeln oder für Überfälle geeignet ist.


Die vier Grundwerte sind die Seemannskunst  (für beide Seiten wichtig im Kampf), der Suchwert (vor allem für Piraten interessant um fremde Schiffe zu finden), die Führungskraft (wichtig im Kampf und zum Anheuern von Helfern) und der Einfluss (damit lassen sich gut Aufträge erfüllen etc.). Um hier eine kleine Auswahl zu haben, wurde von uns die Hausregel eingeführt immer zwei Kapitäne zu ziehen und sich einen davon aussuchen zu können. Zusätzlich zu den genannten Eigenschaften gehört jeder Kapitän auch einer von vier am Spiel teilnehmenden Nationen an (Frankreich, England, Spanien oder den Niederlanden).



Nun sucht sich noch jeder eins von zwei möglichen Schiffen aus (Schaluppe oder Fleute), was auch Rückschlüsse auf die Strategie der Mitspieler zulässt. Denn während die Fleute genügend Frachtraum bietet um gut mit Waren handeln zu können, ist die Schaluppe eher auf Wendigkeit und damit das Kämpfen ausgerichtet. Jetzt stellt jeder Spieler sein Schiff auf seinen Heimathafen, kassiert 10 Goldmünzen Startkapital und schon kann es los gehen.  Wer dran ist darf 3 Aktionspunkte ausgeben. Und so viele Aktionsmöglichkeiten gibt es eigentlich auch gar nicht - genau genommen nur drei. Entweder man bewegt sein Schiff ein Feld weiter, oder man sucht in seinem Gebiet nach einem anderen Schiff oder man führt in einem Hafen die Hafenaktionen aus.

1) Bewegung
Dies ist sehr einfach und man benötigt einfach für jeden Schritt einen Aktionspunkt. Wichtig ist nur, dass alle Spielfelder (bis auf eins) aus einem Seegebiet und einem Hafen bestehen. Zieht man also z.B. das Meerfeld von Havanna, muss man nun noch einen Schritt aufwenden um dort in den Hafen einzufahren und raus aus einem Hafen kostet es ebenso eine Aktion.

2) Suchen
Gerade für Piraten ist das Suchen eine wichtige Aktion. Befindet man sich nämlich zusammen mit einem anderen Schiff in einer Meereszone, heisst dies noch nicht dass man es auch angreifen darf. Nur wenn der Kapitän erfolgreich sucht wird das Schiff gefunden und kann bekämpft werden.Da ist nun der Suchenwert des Kapitäns von Bedeutung (zwischen 1-4). Er nimmt sich so viele Würfel wie sein Suchwert beträgt und wirft diese. Auf den speziellen W6-Würfeln wurden die 5 und die 6 durch Totenköpfe ausgetauscht und zählen als Erfolg. Bei mindestens 1 Erfolg wird das Schiff gefunden.

3) Hafenaktionen
Befindet man sich in einem Hafen kann man diverse Unteraktionen ausführen. Die häufigste wird das Verkaufen und Kaufen von Waren sein. Meistens zieht man dabei 6 Warenkarten (es gibt 8 verschiedende Sorten). Der Clou ist, dass Warenkarten gleicher Sorte günstiger sind als Waren die man nur 1 x zieht. Hat man hier Glück und zieht 3 gleiche Karten, kann man diese bereits für 3 Gold kaufen, während eine einzelne Karte ebenfalls 3 Gold kostet. Wenn man ein solches 3er-Set in einem Hafen verkauft in dem genau diese Ware DRINGEND gesucht wird (in jedem Hafen liegt genau ein zufälliges Warenplättchen das die begehrte Ware anzeigt), erhält man nicht nur 18 Gold-Dublonen, sondern auch noch einen Ruhmpunkt oben drauf. Dies ist also die bevorzugte Art der Händler um Ruhmpunkte zu erzielen.



Zudem gibt es in jedem Hafen auch noch Schiffsmodifikationen (bessere Segel, zusätzliche Kanonen etc.) zu kaufen, man kann sein Schiff für Gold reparieren, eventuell bei Kämpfen verlorene Besatzungsmitglieder können angeheuert werden oder man versucht in den Tavernen Gerüchte aufzuschnappen. Wenn man diese später aufklärt (meistens muss man einen Such- oder Einflusswurf in einem bestimmten Gebiet erfolgreich ausführen) gibt es auch hierfür 1 Ruhmpunkt. Eventuell liegen im Hafen auch spezielle Aufträge aus die man annehmen kann und dadurch auch an Siegpunkte kommt.

Letztendlich kann man auch mit genügend Gold an Bord sein kleines Schiff gegen ein größeres austauschen (auch dies bringt 1 Ruhmpunkt) und kostet meistens zwischen 25-30 Gold. Befindet man sich in seinem eigenen Heimathafen, kann man auch Gold in seine Schatztruhe werfen, wo es sicher vor Karperversuchen der Mitspieler ist und am Spielende zählen je 10 Gold in der privaten Schatzkammer wie 1 Ruhmpunkt.

Auf die genauen Kampfregeln möchte ich aufgrund der Komplexität nicht weiter eingehen. Es wird dabei auf jeden Fall viel gewürfelt und es läuft sehr thematisch ab (die Wendigkeit des Schiffes beeinflusst die Würfelanzahl usw.). Es mach sicherlich auch Sinn einen Beispielkampf vor der ersten Partie exemplarisch durchzuführen. Kämpfe kommen immer dann vor, wenn sich zwei Schiffe in einem Gebiet aufhalten und eines der beiden aktiv einen solchen will und erfolgreich sucht.  Da man sich auf dem großen Spielplan aber auch sehr gut aus dem Weg gehen kann (vor allem bei weniger als 4 Spielern), spielen auch noch 6 weitere Schiffe mit die keinem Spieler zugeordnet sind, die sogenannten NSC-Schiffe (NSC = Nicht-Spieler-Capitäne).

Von jeder Nation gibt es ein solches Schiff und dazu noch zwei Piratenschiffe (1 kleine Schaluppe und 1 große Fregatte). Dies machen nach bestimmten Prioritäten Jagd auf die Spieler. Vor allem Piraten werden von den 4 NSC's ins Visier genommen. Friedliche Händler müssen sich nur vor den NSC-Piraten und den Mitspielern fürchten. Gesteuert werden die NSC's über die Ereigniskarten. Eine davon wird immer zu Rundenbeginn gezogen und dort stehen eventuell Himmelsrichtungen drauf, in die einige NSC's gezogen werden müssen. Befindet sich dieses Schiff dann in Nachbarschaft zu einem Zielobjekt, versucht es dieses zu finden und anzugreifen. Auch das Gewinnen eines Schiffkampfes wird mit einem Ruhmpunkt belohnt.



Gespielt wird so lange bis ein Spieler 10 Ruhmpunkte angesammelt hat. Dabei zählen die Ruhmpunkte die in der eigenen Schatztruhe schlummern mit, dürfen aber niemals mehr als 50% der gesamten Siegpunkte ausmachen. Es endet auch wenn der Ereigniskartenstapel durchgespielt wurde (was aber bei uns noch nie vorkam) oder wenn es keine Kapitänskarten mehr gibt weil so viele im Spiel ihr Leben verloren haben (passierte auch noch nie). Denn immer wenn man sterben sollte, zieht man eine neue Kapitänskarte und spielt mit diesem neuen weiter.


VERLAUF UNSERER PARTIE

Bei der Auswahl der Startschiffe setzten wir alle auf die Fleute was darauf hindeutete, dass es alle eher als Händler versuchen wollten (war bisher auch meistens erfolgreich). Mein Kapitän hatte zudem die Fähigkeit, Piraten die nach mir suchen den erfolgreichen Suchenwurf wiederholen zu lassen. Damit hoffte ich vor Angriffen sicher zu sein. Christopher hatte hingegen die perfekte Piratenkarte. Er durfte andere Schiffe angreifen ohne mit den dadurch normalerweise verbundenen Konsequenzen leben zu müssen. Denn immer wenn ich einen Händler einer Nation angreife, darf ich Häfen dieser Nation nicht mehr anfahren. Ihm war es aber gestattet wenn er vorher einen erfolgreichen Einflusswurf schaffte. Gregor durfte in 3 Gebieten Gold in seine Truhe stecken, was auch eher für eine Händlerstrategie sprach.

Und so kam es dann auch. Während Gregor und ich versuchten Waren gewinnbringend zu verkaufen, stürzte sich Christopher immer wieder auf kleine Handelsschiffe um diese zu plündern. Damit war er zu Beginn auch recht erfolgreich und hatte sich schnell Kopfgelder der Spanier, Franzosen und Engländer verdient. Gregor hatte beim Ziehen der Warenkarten auch zunächst mehr Glück und ging so schnell in Führung (4 Punkte). Ich hatte zumindest gute Ausbaustufen für mein Schiff gefunden und war somit nur schwer anzugreifen. Da ich aber partout kein Glück beim Ziehen der Waren hatte, reifte kurz die Überlegung auf die Piratenseite zu wechseln.

Doch durch einen Auftrag der mich nach Nassau führte, wo genau die Ware gesucht wurde die ich an Bord hatte, hielt ich an meinem ursprünglichen Plan fest und machte dort in einem Zug meine Punkte 2 und 3. Direkt danach führte mich der Weg nach Havanna wo ich auf einen Schlag 3 weitere Ruhmpunkte erzielen konnte (Gerücht aufgeklärt, 3 begehrte Waren verkauft und 1 großes Schiff gekauft). Mit nun 6 Punkten und jeder Menge Gold an Bord musste ich nur noch schnell zurück in meinen Heimathafen und die Dublonen abliefern. Insgeheim rechnete ich nun mit den Attacken meiner Mitspieler die mich auf dem Weg dorthin hätten stellen können. Diese blieben aber aus und so konnte ich sogar noch eine letzte Warenlieferung erledigen die mir Punkt 7 und 18 weitere Goldmünzen einbrachte. Die nun gesammelten 40 Gold brachte ich dann in mein Geheimversteck und konnte daher mit 11 Punkten das Spiel für mich entscheiden.


FAZIT

 

Auch hier dürfte schon klar werden wo das Problem des Spiels liegt. Die REGELN sind super aufgebaut und auch verständlich, aber eben sehr detailliert und reichhaltig. Dafür bekommt man aber auch ein absolut thematisches Spiel, das im Bereich der Piratenspiele wohl konkurrenzlos ist.

Ein zweiter großer Kritikpunkt ist der Glücksfaktor da hier viel gewürfelt wird und man auch beim Ziehen der Warenkarten schon mal viel Pech haben kann. Das ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen, ich persönlich finde aber, dass es genügend Stellschrauben gibt die es einem erlauben dem Glück etwas nachzuhelfen. So ist die Auswahl des Kapitäns und des Schiffs schon mal extrem wichtig. Auch die Entscheidung Händler <-> Pirat ist gut zu überlegen und muss eventuell jede Runde neu überdacht werden.

Auf jeden Fall ist es für Neulinge einfacher als Händler zum Erfolg zu kommen. Doch schon nach einigen Partien werden auch die Vorzüge eines Piratenleben offensichtlich.Vor allem wenn sich mehrere Spieler für diesen Weg entscheiden, wird es für die Händler deutlich schwerer den Sieg zu erringen. Dennoch hat sich bei uns öfter der Weg des Händlers als der gewinnbringende erwiesen.

Trotz dieser Kritikpunkte freue ich mich immer wieder auf eine neue Partie, da mich die tolle Umsetzung des Themas immer wieder in die Welt der Karibik-Räuber eintauchen lässt und wenn alle das Spiel bereits kennen, lässt es sich auch recht zügig (für ein solches Spiel) spielen. Wir haben z.B. für unsere Partie ca. 2,5 Stunden benötigt. Während einige Züge nur 10 Sekunden dauern (aus dem Hafen fahren, ins nächste Seegebiet fahren, in den neuen Hafen einfahren), kann es bei Kämpfen und/oder ausgedehnten Hafenaktionen auch schon mal 10 Minuten dauern bis der nächste Spieler an die Reihe kommt. Am besten gefällt es mir persönlich noch zu viert, da hier dann einfach mehr los ist auf dem Spielbrett. Man kommt sich öfter in die Quere un dies bedeutet auch mehr Action.

In meiner eigenen Bewertungskategorie landet dieses Spiel ganz klar in Kategorie 2:

2 - Klasse Spiel, muss ich haben!
  
Mögen die Würfel/Karten mit Euch sein!