Freitag, 5. Mai 2017

[Spielbericht] #15/2017: Scythe

Zugegebenermaßen berichte ich dieses mal nicht nur von unserem letzten Spieleabend. Da SCYTHE aber in den letzten Wochen sehr häufig bei uns auf den Tisch kam wollte ich ein paar Partien abwarten um mir eine bessere Meinung zu diesem Spiel bilden zu können. Denn eigentlich ist es ein ganz anderes als es auf den ersten Blick erscheint...    

Spiel: Scythe
Autoren: Jamey Stegmaier
Verlag: Stonemeier Games
Jahr: 2016
Spieler: 1-5
Spieldauer: ca. 2 Stunden
Merkmale: Unterschiedliche Völker,Ressourcen, Gebietskontrolle
Mitspieler: Christopher, Gregor, Matthias, Michael


SPIELABLAUF 

Zunächst möchte ich vorweg schicken, dass ich SCYTHE selbst nicht besitze. Daher basieren alle meine Erläuterungen nur aus Dingen aus meinem Gedächtnis und der Regelerklärung anderer. Sollte ich also mal eine Komponente oder Fraktion nicht korrekt benannt haben bitte ich um Nachsicht oder einen entsprechenden Kommentar zur Richtigstellung.

Thematisch geht es um ein alternatives Europa in den 1920er Jahren in dem nach einem verheerenden Krieg die Ruinen eines Stadtstaates namens "DIE FABRIK" die Aufmerksamkeit der umliegenden Völker auf sich ziehen. Der Krieg wurde mit gepanzerten Apparaturen (den Mechs) geführt und auch die sich nun ausbreitenden Nachbarländer stützen ihre Macht auf diese Kriegsmaschinen und hoffen nun sich das brach liegende Land unter den Nagel reißen zu können.

Spieltechnisch geht es bei SCYTHE darum sein Volk zu entwickeln und dabei möglichst viele Siegpunkte zu holen. Es gesellt sich somit auch in die Riege der immer häufiger vorkommenen Hybrid-Spiele (thematische Eurogames) ein. Auf den ersten Blick handelt es sich aber um ein "normales" Eroberungsspiel. Jeder Spieler hat Einheiten und auf einer Landkarte streiten wir uns um wichtige Territorien. Doch dieser Ersteindruck täuscht gewaltig. Kämpfe kommen zwar auch vor sind aber bei weitem nicht so entscheidend wie man zuerst glauben mag. Denn am Ende zählt nur wer die meisten Siegpunkte gesammelt hat. Und dazu besitzt jeder Spieler 6 Sterne die er möglichst im Laufe des Spiels setzen sollte. Um dies zu tun muss er bestimmte Ziele erreichen die aber eben nicht alle militärisch geprägt sind.

Eine Spielende-Situation in der schwarz 6 Sterne platziert hat...
Mit Kämpfen können nämlich nur 2 der 6 Sterne platziert werden. Die restlichen muss man sich auf anderen Wegen verdienen. So kann man u.a. versuchen auf der Sympathie- oder Macht-Skala den höchsten Wert zu erreichen oder man entwickelt sein eigenes Volk entsprechend weiter aus. Es gibt auch noch persönliche Zielkarten die man erfüllen kann um einen der begehrten Sterne zu legen. Doch um diese in Summe 9 Optionen zu verstehen gehe ich hier mal näher auf sie ein:

Alle 6 Entwicklungen einführen

Jeder Spieler verfügt über ein zugelostes Volk und ein eigenes Aktions-Tableau. Dort sind 4 mögliche Aktionsspalten aufgeführt aus denen man sich jede Runde eine andere auswählen muss. Diese Optionen sind meistens mit Kosten verbunden und bringen dafür bestimmte Grundaktionen (Bewegung, Produktion, Aufrüsten, Handel). Auf jeder dieser Spalten gibt es einen oberen und unteren Bereich. Immer wenn man sich für eine Spalte entschieden hat kann man sowohl die obere als auch die untere Aktion ausführen. Die unteren sind aber meistens mit der Abgabe von bestimmten Ressourcen verbunden.



Der Clou ist nun, dass man mit einer dieser unteren Aktionen Entwicklungen einführen kann. Dies sind nichts anderes als Holzwürfel die zunächst auf Feldern der oberen Aktionen platziert sind. Entwickelt man sein Volk nun weiter, darf man einen beliebigen der Holzquader von einem oberen Bereich wegnehmen und in eine Aussparung der unteren Bereiche legen. Dies vergrößert einerseits den Effekt der oberen Auswahl und gleichzeitig verdeckt es im unteren Segment einen Teil der Kosten und macht sie somit ebenfalls lukrativer. Wer es geschafft hat alle 6 verfügbaren Entwicklungen einzuführen bekommt daher 1 Stern.

Setze alle 4 Mechs ein

Wie schon weiter oben erwähnt stellen die Mechs die militärische Bedrohung der Völker dar. Jeder besitzt derer vier und mit einer der unteren Aktionen können diese gebaut werden (gegen Abgabe der Ressource Öl). Dabei gibt einem jeder gebaute Mech noch mal eine wichtige Eigenschaft auf die ich jetzt hier aber nicht näher eingehe. Wer alle seine 4 Mechs gebaut hat bekommt ebenfalls 1 Stern.

Jeder gebaute Mech legt noch mal weitere (auch völkerspezifische) Boni frei...

Baue alle 4 Gebäude

Wie man sich nun schon denken kann können auch Gebäude über eine der unteren Aktionsbereiche errichtet werden. Hierfür ist Holz notwendig. Pro Aktionsspalte gibt es ein Gebäude welches wiederum Symbole auf dem Tableau abdeckt welche dem Erbauer für die obere Aktion weitere Boni einbringen wenn man diese auf den Spielplan setzt. Auch die Gebäude an sich bringen noch diverse Vorteile mit sich.

Alle 4 Rekruten anwerben

Bei der Zahl 4 kann man sich schon denken, dass auch die Rekruten auf die 4 Spalten des Tableaus verteilt sind. Diese befinden sich in den unteren Bereichen und können gegen Abgabe von Nahrung dort weggenommen werden. Dadurch werden (Ihr könnt es Euch inzwischen denken!) auch wieder Symbole frei die die unteren Aktionen verstärken und zudem gibt es für jeden Rekruten einen einmaligen Bonus.

Bringe alle 8 Arbeiter auf das Spielfeld

Um diese ganzen Ressourcen überhaupt abbauen zu können sind vor allem Arbeiter wichtig (über die Handelsaktion bekommt man aber auch Rohstoffe). Von denen besitzt jeder zu Spielbeginn zwei. Diese sind vor allem wichtig wenn produziert oder gebaut wird. Dies geht nämlich nur in Gebieten in denen Arbeiter anwesend sind. Damit man nicht einfach alle seine Arbeiter auf den Spielplan stellt ist dies mit der Produktion verknüpft. Immer wenn ein Spieler Ressourcen erzeugen möchte, muss er schauen wieviele Arbeiter er bereits im Spiel hat. Je mehr desto teurer wird auch die Aktion. Daher muss sich hier schon mit Bedacht vermehrt werden!

Erfülle 1 Zielkarte

Beim Start einer Partie bekommt jeder Spieler 2 Zielkarten zugelost. Davon kann er im Laufe des Spiels eine erfüllen um dafür einen Stern platzieren zu dürfen. Meistens geht es bei den Zielen darum bestimmte Gebiete zu kontrollieren.

Siegreiche Kämpfe

Wie gesagt ist der Kampf nicht ganz so dominierend wir zunächst angenommen, aber immerhin zwei mal im Spiel kann man für eine siegreiche Schlacht einen Stern beanspruchen.

Ansehen von 18

Durch die diversen Taten während des Spiels erhalten oder verlieren (z.B. bei Kämpfen wenn Arbeiter involviert waren) die Spieler Ansehen. Hier ist ein Maximum von 18 möglich und wird bei Erreichen auch mit einem Stern belohnt.

Je höher das Ansehen desto größer der Multiplikator am Ende...

Stärke von 16

Genau so verhält es sich mit der Stärke. Man erhält sie vor allem durch das Aufrüsten (obere Aktion) und verliert sie wieder wenn man einen Kampf bestreitet. Auch durch diesen Effekt ist ein ständiges Kämpfen nicht lukrativ.

Diese eher an Kriechtieren erinnernden Marker zeigen die Stärke an...
Der Kampf ist dabei auch nicht sonderlich komplex gestaltet. Jeder Spieler besitzt eine Drehscheibe auf der er geheim die Stärkepunkte einstellen kann die er ausgeben möchte (maximal 7). Dazu darf er pro Plastikfigur in dem Kampfgebiet noch eine Kampfkarte (Wert 2-5) spielen. Bei mindestens Gleichstand gewinnt der Angreifer und der Verlierer muss alle seine Einheiten in dem umkämpften Feld zurück in die Heimatbasis stellen. Die eingesetzten Stärkepunkte gehen aber auf jeden Fall für beide verloren. Wurden durch den Kampf auch Arbeiter "verjagt" verliert der Sieger zudem noch Ansehen in deren Anzahl.


Wer jetzt aber denkt derjenige der alle seine 6 Sterne erreicht hat gewinnt auch eine Partei SCYTHE irrt. Denn dies beendet nur das Spiel und zwar SOFORT in dem Moment wo dies geschieht. Nun gibt es noch eine Schlussabrechnung. Gewertet werden dann die erzielten Sterne, die kontrollierten Gebiete und die noch im Besitz befindlichen Ressourcen. Wieviel diese Dinge wert sind hängt aber wiederum von dem eigenen Ansehen ab. Hier gibt es drei Stufen die man erreichen kann. Je höher desto mehr Punkte bringt mir jede Rubrik. Zudem liegt noch eine Karte aus die angibt wofür es am Spielende noch mal Sonderpunkte gibt.

Zu erwähnen (ich habe noch etliche kleine Details ausgelassen) ist auch noch der Anführer den jedes Volk in Form einer individuellen Plastikfigur hat. Diese kann sich ebenfalls bewegen und dabei spezielle Begegnungen auslösen. Dabei wird eine der Begegnungskarten aufgedeckt die dem Spieler die Auswahl aus 3 Entscheidungen auf eine bestimmte Situation geben. Die erste ist meistens milde und bringt dem Spieler Ansehen aber dafür weniger Ressourcen ein. Die dritte spricht die dunkel Seite der Spielerseele an und bestraft dies oft mit Verlust von Ansehen bringt aber lukrative Einnahmen. Die mittlere ist meistens ein Kompromiss aus beidem.

Was darf es sein? A, B oder C?
Zusätzlich gibt es in der Mitte des Spielplans noch ein Sonderfeld welches die Überreste "DER FABRIK" darstellt. Wer dieses Feld mit seinem Anführer besetzt darf sich aus den dort erhältlichen Fabrikkarten eine aussuchen und diese dann an sein Tableau anlegen. Diese erweitert es um eine zusätzliche 5. Spalte die oft sehr mächtige Aktionen beinhalten.  

VERLAUF UNSERER PARTIE / EINDRUCK

Wie schon anfangs erwähnt haben wir in den letzten Wochen mehrere Partien SCYTHE gespielt. Am vergangenen Freitag war es meine dritte innerhalb kurzer Zeit. Da ich in jeder Runde eine andere Fraktion gespielt habe, konnte ich auch schon einen kleinen Überblick über die unterschiedlichen Spielweisen erhaschen. Allein die Tatsache, dass dieses Spiel in der letzten Zeit so häufig auf die Tische in meinem Spieleumfeld gekommen ist zeigt das es anscheinend fasziniert bzw. Interesse weckt.

Tatsächlich kann auch ich mich dem Reiz von SCYTHE nicht entziehen. Doch was macht diesen Reiz aus? Für mich persönlich kann ich sagen, dass mich die Einfachheit der Züge überzeugt. Obwohl es auf den ersten Blick extrem strategisch und komplex erscheint, sind die Regeln überraschend überschaubar und die Züge gehen schnell von statten. Im Prinzip ist es ein eher Eurogame als ein thematischer Regelkoloss. Also wieder eines der momentan bei mir so angesagten Hybrid-Spiele (thematische Eurogames).

Doch gibt es auch etwas was mich stört. Gut finde ich dass man eigentlich immer schon weiß was man als nächstes gerne machen möchte. Zumindest mir geht es so, dass ich wenn ich an die Reihe komme schon relativ genau vor Augen habe welche Aktion ich wählen möchte. Als störend empfinde ich dabei nur, dass ich quasi immer 2-3 Runden benötige um diesen Plan umzusetzen. Wenn ich z.B. genau weiß, dass ich einen Mech bauen möchte und dafür noch Ressourcen benötige, muss ich erst mal Ernten. Sollten meine Figuren auf den falschen Feldern stehen muss ich diese aber vorher erst bewegen. Dies erzeugt bei mir schon mal so etwas wie Unzufriedenheit.

Doch das ist eher Jammern auf hohen Niveau denn weil die Züge eigentlich immer recht schnell ablaufen kommt man ja auch zügig wieder an die Reihe. Was mir auch schon mal negativ auffiel war die ungleiche Aufteilung der oberen und unteren Aktionen auf den Tableaus. Zumindest kam es mir bei der letzten Partie (die ich auch gewann) so vor als ob mein Tableau günstig war. Denn dort konnte ich nach meinen Bewegungen (eine Aktion die man ja sehr häufig nutzt) immer Upgrades machen und dies für nur 2 Öl. Dies konnte ich daher oft nutzen, hatte recht schnell auch alle Entwicklungen fertig (=1 Stern) und konnte natürlich damit auch viel von den dadurch entstandenden Boni profitieren. In den anderen Runden hatte ich eher das Gefühl ungünstigere Bedingungen vorzufinden.

Bleiben dann noch die unterschiedlichen Eigenschaften der Völker. Bei meinem Sieg hatte ich die schwarze Fraktion (Sachsen?). Diese hat als Besonderheit, dass diese auch mehr als 2 Sterne durch erfolgreiche Kämpfe platzieren können und beide Zielkarten erfüllen dürfen. Das macht sie zu einer militärischen Macht die dadurch auch vor allem das Spielende gut beeinflussen kann. Und auch da bin ich mir noch nicht sicher ob ich diese Regelung gut finden soll. Denn sobald ein Spieler seinen 6. Stern gelegt hat, endet das Spiel augenblicklich. Dies kann für ein ziemlich schnelles und abruptes Ende sorgen und so mancher schob Frust weil er seine noch dringend benötigte Aktion nicht mehr machen konnte.

Aber noch mal zurück zu den Fraktionen. In meinen drei Partien haben zwei mal die Schwarzen gewonnen. Auf den ersten Blick scheinen die also auch etwas mächtiger zu sein. Ich denke aber, dass diese nur einfacher zu spielen sind und mit etwas mehr Erfahrung bieten die anderen Parteien ebenso Siegpotential. Die Blauen (nordische Stämme) können z.B. von Beginn an mit ihren Arbeitern Flüsse überqueren und haben damit einen guten Start und Zugang zu wichtigen Ressourcen. Die Gelben (Balkan?) dürfen ihre Militärkarten auch als beliebige Ressourcen einsetzen. Die Weißen (Polen?) dürfen bei Begegnungskarten zwei der drei Optionen auswählen. Die Roten (Russen?) dürfen mehrmals nacheinander die selbe Aktion ausführen. Bei allen anderen besteht ja der Zwang seine Aktionsfigur jede Runde neu zu platzieren.

In dieser Partie lagen alle nachher im mittleren Ansehensbereich...
Es gibt aus meiner Sicht viel zu entdecken und auszuprobieren bei diesem Spiel. Dies sorgt für einen enormen Wiederspielreiz und lässt mich schon ein wenig neidisch auf diejenigen schauen die ein Exemplar des Spiels besitzen. Ich habe mich bisher (und tue es noch) von dem üppigen Preis von ca. 70 EUR abschrecken lassen. Bei der angekündigten Neuauflage in deutsch überlege ich trotzdem zuzuschlagen obwohl es auch in englisch keine große Hürde darstellt. Lediglich die Begegnungskarten enthalten etwas mehr Text. Aber auch dort könnte man sich auf die Belohnungen der Optionen einschränken (was natürlich etwas zu Lasten der Story geht) und kommt mit einfachem Wortschatz gut klar. Angenehm ist auch die Spieldauer mit knapp 2 Stunden für ein Spiel dieser Art.

Aus meiner Sicht also klar den Daumen hoch für SCYTHE!


Mögen die Karten/Würfel mit Euch sein!