Montag, 9. März 2015

Zusammen ins Glück? (kooperativ vs. kompetitiv)

Das Thema Geschmack hatten wir ja schon an derer Stelle. Damals ging es generell darum ob einem ein Spiel gefällt nicht oder nicht. Doch auch bei der Frage ob man gegeneinander oder zusammen gegen das Spiel antritt, scheiden sich oft die Geister.

In der letzten Zeit sind die so genannten kooperativen Spiele schwer im Kommen. Woran liegt das? Daran dass man denjenigen entgegen kommen möchte die nicht so gut verlieren können? Oder weil man einfach entdeckt hat welchen Spaß es machen kann zusammen gegen ein System bzw. Spiel anzutreten?


Zumindest scheinen sich diese Spiele großer Beliebtheit zu erfreuen. Im Jahr 2013 schaffte es mit HANABI (Abacus-Spiele) sogar ein kooperatives Spiel erstmalig Spiel des Jahres zu werden. Dabei galt es zusammen ein möglichst tolles Feuerwerk zusammenzustellen (wenn das Thema auch total aufgesetzt ist). Meine erste eigene Erfahrung mit einem kooperativen Spiel machte ich 2000 mit DER HERR DER RINGE (Kosmos). Ich fand es damals faszinierend zusammen gegen das Spiel anzutreten und hatte so was vorher nie kennengelernt. Im Kinderspielbereich war dieses Prinzip wohl schon eher zu finden, aber im Bereich der Erwachsenenspiele zumindest für mich gänzlich neu. Es folgten dann immer wieder neue Vertreter dieses Genre: ROBINSON CRUSOE (Pegasus), DIE VERBOTENE INSEL (Schmidt), PANDEMIE (Pegasus) oder die weiteren Spiele die im Laufe dieses Postings noch erwähnt werden.



Doch es gibt auch nicht nur Freunde dieser Spielweise. Viele vermissen bei solchen Spielen einfach den Wettstreit untereinander. Die Möglichkeit sich mit den anderen Spielern messen zu können. Zudem beinhaltet dieses Spielform auch einige Risiken. Da so ein Spielsystem oft starren Regeln folgen muss, ist die Gefahr groß das es schnell langweilig werden kann wenn man einmal herausgefunden hat wie es zu besiegen ist. Weitaus schwerwiegender ist für mich persönlich aber das Problem, dass es jemand in der Gemeinschaft geben kann, der das Spielgeschehen zu sehr an sich reißt und den anderen Spielern vorgibt welche Züge sie als nächstes machen sollten.

Und dabei merkt derjenige das unter Umständen auch gar nicht, da er selbst zu sehr im Spiel drin ist. Doch für diejenigen die ein Spiel noch nicht so gut kennen und vielleicht selbst herausfinden möchten wie dem virtuellen Gegner beizukommen ist, sind solche Alpha-Tiere oft ein Dorn im Auge. Daher kommt es hier auch stark auf die Gruppe an und am besten ist es wenn alle Mitspieler gleich viel Erfahrung (oder eben noch gar keine) mit diesem Spiel haben. In der Gefahr liegt aber auch wiederum eine Chance. Denn vor allem wenn Ältere mit Kindern zusammen spielen, kann dieser Effekt auch positiv genutzt werden um den vielleicht taktisch noch nicht so ganz ausgebufften Kleinen etwas mitzuhelfen.

Aus den genannten Gründen funktionieren für mich nur wenige kooperative Spiele wirklich dauerhaft gut. Das Spielsystem (nennen wir es mal KSI = künstliche Spielintelligenz) muss in gewisser Weise zufällig funktionieren, damit man die Züge nicht vorausplanen kann und sich der Ablauf nicht immer wiederholt. Zudem sollte der Schwierigkeitsgrad so gewählt sein, dass man nicht gleich beim ersten mal gegen die KSI gewinnt, aber auch überhaupt eine Chance sieht sie bezwingen zu können. Und im optimalen Fall sollte es verhindern, dass sich ein Spieler zum Leithammel für alle aufschwingt.

Das optimale Spiel gibt es da aus meiner Sicht noch nicht. Am ehesten heran kommt hier SPACE ALERT von Czech Games Edition (CGE). Hier befehligen 1-5 Spieler ein Raumschiff und müssen unter Zeitdruck ihre Leute durch das Schiff laufen lassen um die Antriebe am Laufen zu halten und sich gleichzeitig gegen Angriffe von Aliens erwehren. Hier spielen alle gleichzeitig und gegen die Zeit (bzw. einen Soundtrack der von einer CD kommt). Aufgrund des enormen Zeitdrucks kann sich hier überhaupt niemand zum Anführer aufschwingen und das Kommando an sich reißen. Durch verschiedene Missionen ist auch für Abwechslung gesorgt und die Lernkurve (und damit auch die Siegchance) steigt mit jedem Spiel.

Ebenfalls sehr schön in diesem Bereich finde ich DER HEXER VON SALEM und ELDRITCH HORROR weil sie thematisch so schön die düstere Cthulu-Welt von H.P. Lovecraft aufleben lassen und einen anspruchsvollen Schwierigkeitsgrad besitzen. Es gibt in beiden Spielen auch genügend Zufallselemente die den Ablauf nicht vorhersehbar machen. Wer es mehr mit Fantasy hat, sollte doch vielleicht eher zu DIE LEGENDEN VON ANDOR oder DER HERR DER RINGE - DAS KARTENSPIEL greifen. Letzteres wurde in diesem Blog ja schon hinlänglich besprochen.

Bei Andor macht sich ebenfalls eine Heldentruppe auf den Weg Abenteuer zu bestehen. Hier findet man im Grundspiel 5 so genannte Legenden (=Abenteuer). Die ersten beiden Legenden dienen eher dazu sich mit dem Spielprinzip vertraut zu machen und werden schnell langweilig wenn man sie einmal geschafft hat. Ab Legende 3 kommen aber auch Zufallselemente ins Spiel, welche dafür sorgen das die Partien sich nicht immer gleichen. Gerade für Familien auch schon wegen des Themas wohl besser geeignet als die vorher genannten Vertreter.

Und dann wären da noch die semi-kooperativen Spiele ...


Diese stellen nun ein Kompromiss aus kooperativ und kompetitiv dar. Semi-Kooperativ meint, dass die Spieler zwar im Grunde zusammen spielen, es aber auch einen Verräter geben kann bzw. die Spieler auch eigene Ziele verfolgen müssen um zu gewinnen. Und genau dieser Widerspruch macht für mich solche Spiele sehr interessant. Oft gibt es ja auch einen Mitspieler in der Runde der nicht so gerne kooperativ spielt und dann eben genau diese Rolle des Verräters dankend einnimmt.

Dies geht natürlich nur in Spielen wo von Beginn an feststeht, das jemand gegen die Gruppe spielt. Hier wären DESCENT (Heidelberger), ABENTEUER IN MITTELERDE (Kosmos) oder das gute alte SCOTLAND YARD (Ravensburger) gute Beispiele. Doch dann gibt es auch noch Spiele bei denen man nicht weiß wer der/die Verräter ist/sind und man dies erst im Laufe der Partie herausfinden muss wie z.B. bei SABOTEUR (Amigo) oder SCHATTEN ÜBER CAMELOT (Days of Wonder) (wo es aber auch sein kann, dass kein Verräter im Spiel ist). Dieser Kniff sorgt dafür, dass man nun nicht mehr weiß ob der Mitspieler einen seltsamen Zug deswegen gemacht hat, weil er evtl. das Spiel nicht verstanden hat oder weil er vielleicht seinen persönlichen Vorteil im Visier hat.

Interessant in dieser Hinsicht war auch das Spiel ARCHIPELAGO (Ludically) bei dem es sogar so ist, dass entweder alle gemeinsam verlieren oder aber nur genau 1 Spieler gewinnt. Nette Idee, funktioniert aber leider nur bedingt. Denn immer wenn ein Spieler etwas klarer in Führung geht, rotten sich die Gegenspieler meistens zusammen und lassen das Spiel gewinnen. "Bevor der gewinnt, verlieren wir lieber alle" ist dann oft die Aussage die ein solches Spiel dann ad absurdum führt.



Eines meiner absoluten Lieblingsspiele FRIEDRICH (Histogame) schlägt in eine ähnliche Kerbe.
Hier kann auch nur einer das Spiel gewinnen, aber hier müssen die Gegner des Preußen-Spielers (Thema ist der 7-jährige Krieg) unbedingt zusammen spielen wenn sie eine Chance haben wollen. Gleichzeitig muss ich aber auch mein eigenes Ziel im Blick haben damit die Mitspieler nicht zu sehr von meinen selbstlosen Aktionen profitieren. Der Preuße hingegen muss genau diese Eintracht bei den anderen Spielern zerstören und auf die Uneinigkeit der Allianz hoffen. Ein brillantes Spiel mit sehr schönen psychologischen und thematischen Aspekten, was aber aufgrund der Tatsache, dass immer ein Spieler gewinnt, nicht so wirklich zu den semi-kooperativen Spielen gezählt werden kann.

Das ich es aber trotzdem erwähne zeigt, dass es den absoluten Kooperativ-Kracher aus meiner Sicht einfach noch nicht gibt. Aktuell befindet sich das neue Spiel WINTER DER TOTEN (Heidelberger) auf meinem Tisch, welches ebenfalls dem semi-kooperativen Segment zugeordnet werden muss. Eine erste Testpartie macht Hoffnung, dass hier ein richtig gutes Spiel in diese Lücke vorstoßen könnte. Warten wir es mal ab.


Zusammenfassend halte ich als persönliches Fazit fest, dass der Erfolg/Spaß von kooperativen Spielen ganz stark von der jeweiligen Gruppe abhängt. Wenn jeder bereit ist den anderen Mitspielern genügend Freiraum bei den Entscheidungen zu lassen und die KSI die Gruppe ausreichend fordert, kann ein solcher Spieleabend durchaus viel Spaß machen. Sollte aber so ein "Alles-an-sich-Reißer" dabei sein, würde ich von solchen Spielen eher abraten oder solche Leute zu so einer Runde einfach nicht einladen ...