Donnerstag, 5. Februar 2015

Western von Gestern ...

Spiel: Colt Express
Autor: Christophe Raimbault
Verlag: Ludonaute
Jahr: 2014
Spieler: 2-6
Spieldauer: 30-60 Minuten
Merkmale: Jeder gegen jeden, Zugplanung, Spaß
Mitspieler: diverse 


Na, wer kennt Fuzzy Jones noch? Ich muss gestehen meine Begeisterung für Western hat nach anfänglicher Begeisterung doch auch recht schnell wieder nachgelassen. Ist man als Kind noch gerne draußen mit Pistole herumgelaufen um die Indianer zu jagen (die aber keiner spielen wollte), hat sich mit zunehmendem Alter das Interesse dann doch eher in Richtung Science-Fiction o.ä. verlagert.

 

Doch "Western von Gestern" zählte definitiv zu einer meiner Serien die ich als Kind gerne geschaut habe (wenn ich mich richtig erinnere immer freitags im ZDF bevor es in die Badewanne ging). Western sind aber auch ein beliebtes Thema für Brettspiele und auf der letzten Spielemesse im Herbst 2014 kam nun auch ein neuer Vertreter dieses Genres heraus, dass ich zum Jahreswechsel kennenlernen durfte. 

 

SPIELVORSTELLUNG 

 

Zielgruppe:
Eigentlich ist Colt Express ein typischer "Spiel des Jahres"-Kandidat. Soll heißen das es ein ideales Familienspiel ist. Es macht sowohl Kindern (ab ca. 8/9/10 Jahren) als auch Erwachsenen Spaß. Man kann (versuchen es zu) planen oder einfach aus dem Bauch heraus spielen.

Spielablauf:
Spielplatz der Ganoven (jeder Spieler schlüpft in die Rolle eines Banditen) aus Wild West ist ein Zug, der aus genau so vielen Waggons besteht wie Spieler teilnehmen. Jeder Waggon hat ein Dach (oben) und ein Abteil (unten). In den Abteils liegen aus unbekannten Gründen Geldbeutel und Diamanten herum, die es zu erbeuten gilt. Die Waggons werden von einer Lok gezogen, in der sich zusätzlich noch ein Geldkoffer befindet.

Die Spieler müssen nun ihre Spielfigur dorthin steuern wo es etwas zu erbeuten gibt und die Wertgegenstände einsammeln. Denn der Spieler mit dem meisten Diebesgut ist am Ende des Spiels der Sieger. Das klingt einfach - ist es auch! Dumm nur, dass die lieben Mitspieler genau dies auch vorhaben und man sich somit unweigerlich in die Quere kommt. Zudem rennt auch noch ein Marshall durch die Abteils und befördert jeden Dieb aufs Dach und verpasst ihm eine Kugel aus seinem Colt.


Gesteuert werden die Figuren durch Karten. Jeder hat davon zu Beginn des Spiels die gleichen folgenden 10 Stück:

Karte Anzahl Effekt
Bewegen seitlich 2 x Eigene Figur 1 Feld seitlich ziehen
Bewegen vertikal 2 x Eigene Figur hoch oder runter ziehen
Beute einsammeln 2 x Beuteplättchen aufsammeln
Schießen 2 x Eine Patronenkarte an einen Mitspieler geben
Faustschlag 1 x Einen Mitspieler ein Beutestück ablegen lassen
Marshall bewegen 1 x Die Marshall-Figur ein Feld bewegen

Die Spieler legen dazu nacheinander eine oder manchmal auch zwei, ihrer 6 zu Beginn der Runde gezogenen Karten, die quasi Befehle an die eigenen Figuren darstellen, auf einen gemeinsamen Stapel. Dies wird so lange wiederholt wie es die aktuelle Rundenkarte angibt. Darauf steht auch ob diese Karten offen oder verdeckt gespielt werden. Sind auf diese Weise alle Karten gespielt worden, nimmt der Startspieler den Stapel der gesammelten "Befehle".


Nun werden die Karten nacheinander in der Reihenfolge in der sie gelegt wurden abgehandelt und die Figuren führen die Anweisungen durch. Dabei kann es allerdings passieren, dass man zu dem Zeitpunkt an dem seine Karte an der Reihe ist, die eigene Figur gar nicht mehr dort steht wo man sie im Moment der Planung noch vermutet hatte. Dies kann durch vorherige Faustschläge, Patronen-Treffer oder durch den Marshall verursacht worden sein.

Dadurch bewegen sich die Figuren über/durch den Zug, sammeln Beutestücke auf, schlagen sich oder schießen eben auf andere Mitspieler. Wen dies geschieht, gibt man eine seiner 6 Patronenkarten an den getroffenen Konkurrenten ab. Dieser muss diese Patronenkarte nun in sein Deck mit aufnehmen. Da ein Spieler mit diesen Karten in folgenden Runden keine Aktionen ausführen kann, sollte man es tunlichst vermeiden zu oft getroffen zu werden.

Daher gibt es auch eine weitere Aktionsmöglichkeit wenn man an der Reihe ist. Anstatt eine Karte/Befehl auf den gemeinsamen Stapel zu legen, kann man auch drei neue Karten von seinem Nachziehstapel/Deck ziehen um beim nächsten mal evtl. eine sinnvollere Karte zu spielen. So spielt man pro Runde (je nach Spielerzahl) 4-5 Karten aus und schaut sich dann belustigt an wie die Befehle dann ohne Rücksicht auf Fehlplanungen oder nicht eingeplante Aktionen der Mitspieler ausgeführt werden. Am Ende der Runde werden alle gespielten Karten mit den erhaltenen Patronenkarte und dem Rest des Nachziehstapels neu gemischt und wieder 6 Karten für die neue Runde gezogen. Wehe dem der hier fast nur Patronenkarten zieht...


Nachdem auf diese Weise 5 Runden gespielt wurden, wird ermittelt wer die fetteste Beute gemacht hat. Geldbeutel bringen zwischen 250-500$, Diamanten 500$, der Geldkoffer 1.000$. Zusätzlich erhält noch der Spieler 1.000$, der die meisten Schüsse erfolgreich ins Ziel brachte.

Meinung:
Colt Express ist sicherlich ein Spiel bei dem man Spaß an Chaos und Schadenfreude haben muss. Groß ist oft das Gelächter am Tisch wenn ein Bandit ins Leere schießt oder Schattenboxen veranstaltet, weil die auf/in meinem Waggon vermuteten Mitstreiter plötzlich gar nicht mehr da sind.
Dies wird meistens dadurch verursacht, dass einige Karten verdeckt gespielt werden müssen und man somit gar nicht wissen kann was die anderen machen.

Auch die noch gar nicht genannten Sonderfähigkeiten der einzelnen Charaktere sorgen für ordentlich Ungewissheit. So kann der Spieler von "Ghost" z.B. immer die 1. Karte verdeckt spielen oder "Django" katapultiert einen Gegner mit einem Schuss einen Waggon weiter. Vor allem bei vielen Mitspielern sinkt die Planbarkeit deutlich.

Doch um ehrlich zu sein würde zu viel Planbarkeit bei diesem Spiel auch stören. Es macht einfach Spaß einzuschätzen was die anderen vielleicht vorhaben und dann zu merken, dass es doch ganz anders kommt. Natürlich kann es auch schon mal richtig mies laufen wenn man partout nur Karten zieht die man in dem Augenblick nicht braucht. Aber bei einer Spieldauer von ca. 45-60 Minuten ist so etwas noch gut zu verschmerzen und die Möglichkeit zu einer sofortigen Revanche durchaus möglich.

Ich persönlich mag das Spiel sehr gerne und es ist zur Zeit auch mein Favorit wenn mal was lockeres auf den Tisch kommen soll, was mit bis zu 6 Personen gespielt werden kann. Für mich auch ganz klar ein Mitfavorit auf den Titel "Spiel des Jahres 2015". Fuzzy Jones ist mit seiner Berge zum Einstürzen bringenden Schleuder leider nicht enthalten, doch auch so kann ich das Spiel vor allem Familien sehr gut empfehlen.

Mögen die Würfel mit Euch sein!